Italienisches Erbrecht: Was deutsche Erben wissen müssen

Wenn deutsche Staatsangehörige Vermögenswerte in Italien erben, stellen sich häufig viele Fragen. Das italienische Erbrecht unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom deutschen Recht. Diese Einführung gibt deutschen Erben einen ersten Überblick über die wichtigsten Regelungen im Italienischen Erbrecht, welche Fallstricke zu beachten sind und wie ein Erbfall effizient abgewickelt werden kann.
1. Allgemeines zum Italienischen Erbrecht
Das Italienische Erbrecht ist im italienischen Zivilgesetzbuch (Codice Civile) geregelt. Es umfasst Vorschriften zur gesetzlichen und testamentarischen Erbfolge, zum Pflichtteil und zur Annahme (= accettazione di eredità) und Ausschlagung (rinuncia all’eredità) einer Erbschaft.
Besonderheit: In Italien wird die Erbschaft nicht automatisch erworben, sondern muss aktiv angenommen werden („accettazione dell’eredità“).
2. Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht
Seit Inkrafttreten der Europäischen Erbrechtsverordnung (EU-Verordnung Nr. 650/2012) am 17. August 2015 gilt für grenzüberschreitende Erbfälle einheitlich das Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt (= ultima residenza abituale) hatte. Das bedeutet:
- Hatte der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland: deutsches Erbrecht gilt.
- Lebte der Erblasser in Italien: es gilt italienisches Erbrecht – auch für deutsche Staatsangehörige.
Allerdings kann durch Testament eine Rechtswahl getroffen werden. Deutsche Staatsangehörige können testamentarisch bestimmen, dass deutsches Erbrecht Anwendung finden soll – auch wenn sie in Italien leben.
3. Die gesetzliche Erbfolge in Italien
Die gesetzliche Erbfolge im Italienischen Erbrecht tritt dann ein, wenn kein gültiges Testament vorliegt. Die nächsten Angehörigen – Ehegatten, Kinder und Eltern – werden nach einem festen Verteilungsschlüssel berücksichtigt:
- Ehepartner und ein Kind: je 50 % des Nachlasses.
- Ehepartner und zwei oder mehr Kinder: ein Drittel an den Ehepartner, zwei Drittel an die Kinder zu gleichen Teilen.
- Keine Kinder: Ehepartner erhält zwei Drittel, restliche Verwandte (z. B. Eltern oder Geschwister) ein Drittel.
4. Pflichtteilsrecht (legittima)
Ein markanter Unterschied zum deutschen Recht liegt im Pflichtteilsrecht (= quota legittima). Das italienische Erbrecht schützt bestimmte Angehörige besonders stark:
- Kinder, Ehepartner und – in Abwesenheit von Kindern – die Eltern sind pflichtteilsberechtigt.
- Diese Personen können auch dann ihren Anteil verlangen (durch der sog. “azione di riduzione”), wenn sie im Testament nicht oder nur unzureichend bedacht wurden.
Ein Erblasser kann also nur über einen Teil des Vermögens frei verfügen – der sogenannte „disponibile“.
5. Testament nach italienischem Recht
Ein Testament kann in Italien auf drei Arten errichtet werden:
- Eigenhändiges Testament (olografo) – muss komplett handschriftlich, datiert und unterschrieben sein.
- Notarielles Testament (pubblico) – wird vom Notar aufgesetzt und in dessen Verwahrung genommen.
- Geheimes Testament (segreto) – wird versiegelt dem Notar übergeben.
Wichtig: Auch ein deutsches notarielles Testament kann in Italien gültig sein, sollte aber zwecks Anerkennung und Durchsetzung in Italien hinterlegt werden.
6. Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft
In Italien muss eine Erbschaft aktiv angenommen werden. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten:
- Annahme (accettazione pura e semplice) – der Erbe übernimmt auch eventuelle Schulden.
- Annahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung (accettazione con beneficio d’inventario) – beschränkt die Haftung auf den Nachlasswert.
Eine Ausschlagung der Erbschaft (rinuncia all’eredità) ist ebenfalls möglich, muss jedoch formgerecht erklärt werden, z. B. vor einem Notar oder am Gericht.
7. Immobilieneigentum im Erbfall
Besonders häufig geht es im Erbfall um Immobilienbesitz – sei es ein Ferienhaus in der Toskana oder eine Wohnung in Rom. Deutsche Erben müssen wissen:
- Eine Immobilie in Italien unterliegt immer dem italienischen Recht und muss dort im Grundbuch (Catasto) umgeschrieben werden.
- Erforderlich ist hierfür eine „Dichiarazione di successione“ (Erbschaftserklärung) beim italienischen Finanzamt.
Für detaillierte Informationen zur Vererbung von Immobilien in Italien empfehlen wir unseren Leitfaden zur Immobilienerbschaft in Italien.
8. Steuerliche Aspekte
Die Erbschaftssteuer in Italien ist relativ moderat, unterscheidet sich aber je nach Verwandtschaftsgrad:
- Ehepartner und Kinder: 4 % auf den über 1.000.000 € hinausgehenden Teil.
- Geschwister: 6 % über 100.000 €.
- Andere Verwandte und Dritte: 6 % bzw. 8 % ohne Freibetrag.
Immobilienwerte werden in der Regel auf Basis des Katasterwerts („valore catastale“) und nicht auf dem Marktwert(d.H. Preiswert) berechnet, was meist zu niedrigeren Steuerbeträgen führt.
9. Praktische Empfehlungen für deutsche Erben
- Lassen Sie prüfen, ob deutsches oder italienisches Recht Anwendung findet.
- Legen Sie frühzeitig ein Testament an – idealerweise mit Rechtswahlklausel.
- Holen Sie anwaltliche Hilfe bei Annahme, Ausschlagung oder Steuerfragen.
- Achten Sie auf Fristen, z. B. zur Erbschaftserklärung (innerhalb von 12 Monaten).
Ein auf Italienisches Erbrecht spezialisierter Anwalt kann helfen, unnötige Kosten und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Fazit: Das Italienische Erbrecht hält einige Besonderheiten bereit, die deutsche Erben kennen sollten – insbesondere wenn es um Immobilien, Pflichtteilsrechte oder internationale Zuständigkeit geht. Mit guter Vorbereitung und rechtlicher Unterstützung lässt sich der Erbfall sicher und effizient gestalten.
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