Handelsbeziehungen mit Italien: Juristische Stolpersteine für deutsche Unternehmen

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien sind eng – doch gerade im B2B-Bereich lauern für deutsche Exporteure und Importeure juristische Fallstricke. Wer Handelsbeziehungen mit Italien eingeht, sollte insbesondere auf die richtige Vertragsgestaltung, die Anwendung des UN-Kaufrechts (CISG / Convenzione di Vienna del 1980), die Einbeziehung der AGB sowie auf Fragen des Gerichtsstands und des Forderungseinzugs achten.
In diesem Beitrag erläutern wir die häufigsten Problemfelder – und wie Sie sich davor schützen können.
1. Anwendung des Wiener Kaufrechts (CISG)
Sowohl Deutschland als auch Italien sind Vertragsstaaten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG), auch bekannt als Wiener Kaufrecht. Wenn zwischen zwei Unternehmen in Deutschland und Italien ein grenzüberschreitender Warenkauf abgeschlossen wird, gilt automatisch das CISG – sofern es nicht ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen wurde.
🔍 Was bedeutet das in der Praxis?
Ein zentrales Risiko liegt in der Pflicht des Käufers, Mängel der Ware unverzüglich nach Erhalt zu rügen (Art. 38–39 CISG). Wer dies versäumt, verliert in der Regel sämtliche Ansprüche auf Minderung, Nachbesserung oder Schadenersatz.
Beispiel: Ein deutsches Unternehmen erhält eine Lieferung aus Italien, bemerkt jedoch erst nach zwei Wochen einen Produktionsfehler. Ohne rechtzeitige Rüge gegenüber dem italienischen Lieferanten kann es seine Rechte verlieren.
✅ Empfehlung:
- Klären Sie vertraglich, ob das CISG gelten soll oder nicht.
- Sorgen Sie für klare Fristen zur Rüge und für dokumentierte Warenprüfungen bei Wareneingang.
2. Gerichtsstand: Wenn der Vertrag keine Regelung enthält
Ein häufiger Fehler in Handelsbeziehungen mit Italien ist das Fehlen einer eindeutigen Gerichtsstandvereinbarung. Fehlt diese, drohen kostspielige und langwierige Streitigkeiten über die Frage, wo ein Gerichtsverfahren stattfinden darf.
Nach der EU-Verordnung Brüssel Ia (EU 1215/2012) ist grundsätzlich der Sitz des Beklagten maßgeblich. Das bedeutet: Ein deutsches Unternehmen muss unter Umständen in Italien klagen, selbst wenn der Vertrag auf Deutsch formuliert wurde.
✅ Empfehlung:
- Vereinbaren Sie im Vertrag schriftlich einen exklusiven Gerichtsstand, z. B. in Deutschland oder Italien.
- Prüfen Sie, ob ein Schiedsgericht eine sinnvolle Alternative darstellt (schneller, vertraulicher, international vollstreckbar).
3. Welches Recht gilt – und wann das CISG ausgeschlossen werden muss
Ein weiteres juristisches Risiko liegt in der Rechtswahl: Viele Unternehmen glauben, durch die Wahl „deutschen Rechts“ sei das BGB gemeint – doch dies stimmt nur bedingt.
Hintergrund:
Die Klausel „Es gilt deutsches Recht“ führt bei internationalen Kaufverträgen automatisch zur Anwendung des CISG – denn dieses ist Bestandteil des deutschen Rechts. Wer also das CISG ausschließen will, muss dies ausdrücklich tun:
„Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG).“
Wurde das CISG nicht ausgeschlossen, greift es automatisch – mit allen Konsequenzen für Beweislast, Verjährung, Vertragsauslegung usw.
4. AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) – nur wirksam bei richtiger Einbeziehung
In vielen Fällen gehen Unternehmen davon aus, dass ihre AGB automatisch gelten – dies ist jedoch ein gefährlicher Irrtum im internationalen Handel.
In Italien (wie auch nach CISG) gilt: AGB müssen der anderen Partei bei Vertragsschluss tatsächlich zur Verfügung gestellt worden sein – am besten in der Landessprache oder zweisprachig.
Klassischer Fehler:
Ein deutsches Unternehmen sendet ein Angebot mit dem Hinweis „Es gelten unsere AGB, abrufbar auf unserer Website“. Der italienische Vertragspartner akzeptiert – ohne je die AGB gesehen zu haben. Im Streitfall gelten diese nicht als wirksam einbezogen.
✅ Empfehlung:
- Übermitteln Sie Ihre AGB in Textform gemeinsam mit dem Angebot oder der Auftragsbestätigung.
- Erwägen Sie eine zweisprachige Version (Deutsch–Italienisch).
- Lassen Sie Ihre AGB rechtlich prüfen – insbesondere bei Fragen zu Haftungsbeschränkung, Lieferverzug, Eigentumsvorbehalt.
5. Schwierigkeiten beim Forderungseinzug in Italien
Einer der häufigsten praktischen Konfliktpunkte in Handelsbeziehungen mit Italien ist der Zahlungsverzug oder vollständige Zahlungsausfall. Selbst bei eindeutiger Vertragslage kann es schwierig sein, offene Forderungen in Italien effizient durchzusetzen.
Probleme:
- Lange Gerichtsverfahren und hohe Gerichtskosten
- Sprachbarrieren und komplexe Verfahrensordnungen
- Unzureichende Unterlagen (z. B. keine schriftliche Vereinbarung, fehlende AGB)
Mögliche Wege zur Durchsetzung:
- Europäisches Mahnverfahren (einfaches Verfahren für unbestrittene Forderungen)
- Zivilklage vor italienischem Gericht – nur mit lokalem Anwalt möglich
- Inkassodienstleister – oft weniger effektiv bei komplexen Fällen
✅ Empfehlung:
- Dokumentieren Sie alle Geschäftsvorgänge schriftlich.
- Mahnen Sie schriftlich und setzen Sie Zahlungsfristen.
- Ziehen Sie frühzeitig einen spezialisierten Anwalt hinzu.
✅ Fazit: Rechtssicherheit schafft Vertrauen
Handelsbeziehungen mit Italien bieten enormes wirtschaftliches Potenzial – aber nur, wenn juristische Risiken von Anfang an richtig bewertet und vertraglich abgesichert werden. Besonders bei wiederkehrenden Lieferbeziehungen, größeren Aufträgen oder sensiblen Produkten sollten Sie nie auf rechtliche Beratung verzichten.
Ein klar formulierter Vertrag mit geregeltem Gerichtsstand, eindeutigem anwendbarem Recht, korrekter AGB-Einbeziehung und definierten Mängelrügefristen schützt Sie nicht nur im Streitfall – sondern stärkt auch das Vertrauen Ihrer italienischen Geschäftspartner.
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